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Florian der Fleischkäse – Die außergewöhnlichen Geschichten von Florian dem Fleischkäse aus dem Holzofen

Ich wollte unbedingt in den hinteren Teil des Holzofens. Hinten im Holzofen ist einfach die beste Temperatur, schön gleichmäßig warm, für ein sanfte “Backung” von mir, mit einer lässigen Locke in meiner Kruste, ja, ich will ganz offen sein, ich bin da ziemlich eitel. Was gibt es Schöneres für einen Fleischkäse, als gleichmäßig gebacken zu sein.

Aber nein, Marco will meinen Platz einnehmen. Er und seine Freunde drängeln sich immer nach hinten und machen mir das Leben schwer, ein feines Mobbing. Was die ganze Sache noch schlimmer macht, ist, dass Marcos halbe Familie mit ihm im Ofen ist. Da sind seine Tante und sein Onkel, seine kleinen Brüder, sein schrulliger kleiner Cousin und seine jähzornige kleine Cousine, die mir immer wieder das Leben schwer machen und Dinge sagen wie “du kommst ohne Kruste aus dem Ofen”. Das muss man sich mal vorstellen, ohne Kruste, das ist nicht schön, ohne Kruste kommt man nicht in die schönen neuen roten Boxen des Chefs. Sie schieben mich einfach nach vorne und versuchen, mich auf den Rücken zu drehen und dafür zu sorgen, dass ich keine Kruste bekomme.

Das Ganze wird noch dadurch erschwert, dass es einen neuen Mitarbeiter gibt. Er macht es einfach zu schlampig, wenn wir in den Ofen geschoben werden, er achtet überhaupt nicht darauf, dass wir richtig verteilt werden, vielleicht ein Student, wer weiß. Dann macht er auch noch der Direktionsassistenten schöne Augen. Was soll das? Bei ihr hat er sowieso keine Chance. Er hat einfach keine Ahnung von der Branche. Also auch bei uns als Fleischkäse kommt jetzt der Fachkräftemangel an. Also wenn der Chef die vorbereiteten Formen in den Ofen schiebt, dann ist das für uns ein Spaß. Das ist ein Vergnügen, man wird in seiner Form gekonnt vom Brotschieber in den Ofen geschoben. Das ist die höchste Form des Schiebens. Hohe Schiebekunst, super, Weltklasse, so muss es sein. Aber der Neue, es ist einfach nicht richtig, wie er mit uns umgeht.

Aber wo war ich, ach ja, bei Marco … Marco will mich immer nur wegschieben, will mich umdrehen und will an meinen warmen Platz im Holzofen. Marco hier und Marco da pfeift immer die Tante, während er wirklich nichts auf dem Kasten hat, ich würde sagen “Durchschnittsfleischkäse” mit einer gewissen Arroganz. Einmal haben sie sogar versucht, Beulen in meine Form zu drücken. Wer will schon einen verbeulten Holzofen-Fleischkäse, da kommst du nie zum Kunden. Da bist du nicht mehr marktfähig. Jetzt kommt er wieder direkt auf mich zu und schreit mich an, ich solle Platz machen. Aber plötzlich ist es ganz still im Ofen, kein Gerede, kein Geschrei, alle machen Platz, auch Marcos Onkel und Tante, seine ganze Familie, alles ist ganz still. Der Chef kann es nicht gewesen sein, die Tür ging nicht auf, vielleicht ein Stromausfall (anscheinend ist ein gewisser Roberto, ein entfernter Verwandter von Marcos Onkel, für die Stromversorgung zuständig, na ja, man sollte jedem eine Chance geben), und wie ich gehört habe, wird er von einigen Berlinern beraten (Berliner sind schließlich ein Siedegebäck mit einer Füllung aus Marmelade. Was wissen die schon von Fleischkäse) … Im nächsten Newsletter erfahrt ihr, warum es plötzlich so still im Holzofen ist … liegt es an Robert oder vielleicht an Chem, Robertos Freund? … oder steckt etwas anderes dahinter?

© ARP